Wissen
Perfektionismus: Hilfreicher Antrieb oder tückische Falle?
Neigst du dazu, die meisten Dinge möglichst perfekt und fehlerfrei machen zu wollen? Denkst du häufig “Das geht noch besser”? Falls ja, bist du damit in bester Gesellschaft. Viele Menschen stellen ganz schön hohe Ansprüche an sich selbst. Ob bei der Arbeit, in der Schule oder im Studium, beim Sport, in Beziehungen, bei der Kindererziehung, oder im Haushalt – das Streben nach Vollkommenheit kann so ziemlich jeden Bereich des Lebens betreffen.
Wenn du versuchst, Dinge möglichst perfekt zu machen, hat dir das in manchen Situationen – wie in einer wichtigen Prüfung – vermutlich schon Vorteile beschert. Vielleicht hast du dadurch außergewöhnlich gute Leistungen erzielt und hast dafür Lob und Anerkennung von anderen bekommen.
Bei vielen Menschen, die nach Perfektion streben, steht die Aussicht auf Erfolg jedoch gar nicht unbedingt im Vordergrund. Ihr Antrieb ist ein anderer: Angst. Angst davor, für Fehler kritisiert zu werden. Abgelehnt zu werden. Oder schlicht nicht zu genügen. Und wer fühlt sich schon gern minderwertig? Wer mag es, kritisiert oder gar abgelehnt zu werden? Verständlich, dass einige Menschen versuchen, sich vor solchen Befürchtungen zu schützen, indem sie sich die “Rüstung Perfektionismus” zulegen. “Wenn ich es möglichst perfekt und fehlerfrei mache, biete ich keine Angriffsfläche.”
Das Perfekte ist oft der Feind des Guten
Es gibt aber auch eine Kehrseite der Medaille. Stell dir mal vor, du würdest tagein, tagaus eine echte Ritterrüstung tragen, die nicht nur verdammt schwer ist, sondern dir auch kaum Bewegungsfreiheit lässt – das wäre vermutlich ganz schön anstrengend, oder?
Genauso anstrengend und einschränkend kann auch Perfektionismus sein. Denn der Versuch, alles möglichst perfekt zu machen, kostet in der Regel sehr viel Zeit und geht mit viel Druck einher. Das kann dazu führen, dass man sich überlastet, Pausen, Entspannung und Freizeit vernachlässigt, mit anderen in Konflikte gerät, oder aber auch Aufgaben aus Angst vor Fehlern gar nicht erst anfängt.
Stark ausgeprägter Perfektionismus kann sich somit nicht nur ungünstig auf die Produktivität, sondern auch auf die psychische Gesundheit auswirken. Er erhöht das Risiko für Depressionen und Angsterkrankungen.
Die Rüstung ablegen
Na klar – hohe Ziele und Ideale können eine Richtung vorgeben und motivieren. Wenn aber aus „Ich würde dieses Ziel gerne erreichen“ ein „Ich muss das unbedingt perfekt machen, komme was wolle!“ wird, geht das vermutlich eher mit Stress und Anspannung einher. Wenn du bemerkst, dass dir deine hohen Ansprüche zu schaffen machen, ist das bereits der erste Schritt auf dem Weg der Veränderung.
Zur weiteren Auseinandersetzung kannst du dir folgende Fragen stellen:
- Wovor schützt dich dein Perfektionismus?
- Ist dieser Schutz im Hier und Jetzt tatsächlich notwendig und hilfreich?
- Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn du eine Sache gut, aber nicht perfekt machst?
- Was könnte bestenfalls passieren?
- Was wird wohl am wahrscheinlichsten passieren?
Vielleicht möchtest du das sogar mal austesten und eine Sache, bei der du sonst hohe Ansprüche an dich stellst, ganz gezielt nicht perfekt erledigen.
Ein solcher Realitätscheck kann ziemlich wertvoll sein. Oft entwickeln sich die Befürchtungen hinter dem Perfektionismus nämlich aufgrund früherer Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Mit deiner heutigen Lebenssituation müssen sie gar nichts zu tun haben. So wirst du als erwachsener Mensch in den meisten Fällen vermutlich weder Kritik noch Ablehnung erfahren, wenn ein Ergebnis nicht ganz perfekt ist. Und über deinen Wert und deine Fähigkeiten sagt es sowieso herzlich wenig aus.
Die Rüstung Perfektionismus abzulegen, kann ganz schön herausfordernd sein, vor allem wenn du sie schon lange trägst. Du musst das nicht alleine tun – ein:e Psychotherapeut:in kann dich hierbei unterstützen.
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