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Overthinking: Fragen und Antworten zum Thema Grübeln
Mehrere tausend Gedanken gehen jedem Mensch täglich durch Kopf. Da kann es leicht passieren, sich in Gedankenschleifen zu verheddern. In diesem Artikel beantworten wir dir die wichtigsten Fragen rund ums Grübeln.
Was ist Grübeln und wie unterscheidet es sich vom Nachdenken?
Über ein Problem nachzudenken ist nicht zwangsläufig etwas Schlechtes. Manchmal kann es sogar sehr hilfreich sein. Nämlich dann, wenn Nachdenken dich dabei unterstützt eine Lösung zu finden.
Mal angenommen, dir ist bei einer wichtigen Aufgabe ein Fehler unterlaufen. Wenn du nun anschließend darüber nachdenkst, was du zukünftig anders machen könntest, bringt dich das vermutlich weiter. Anders sieht es bei folgenden Gedanken aus: “Warum passiert sowas immer mir?” “Das ist so typisch für mich!”, “Ob die anderen den Fehler wohl bemerkt haben?” “Das wird bestimmt Folgen haben!” “Warum ist mir das nicht früher aufgefallen?” Die Gedanken drehen sich wie ein Karussell im Kreis, ohne ein Stück vorwärts zu kommen. Und anstelle einer Lösung stehen am Ende schlechte Stimmung und Erschöpfung. Das ist Grübeln.
Was sind typische Inhalte von Grübelgedanken?
Grübelgedanken drehen sich oft um Fragen wie “Warum bin ich immer noch Single?” oder “Ob ich mit meinen Noten überhaupt jemals einen Job finde?”. Auch soziale Situationen können das Gedankenkarussell in Schwung bringen: “Jana hat mich heute nicht gegrüßt. Bestimmt mag sie mich nicht mehr. Vielleicht habe ich neulich etwas falsches gesagt.” Häufig mischen sich darunter auch selbstanklagende Gedanken wie “Bei mir klappt doch wirklich nie etwas!” oder “Ich bin eine wahre Meisterin darin, in Fettnäpfchen zu treten”
Oft kreisen die Gedanken beim Grübeln um Vergangenes; um Ereignisse, die du zwar nicht mehr ändern kannst, die dich aber nicht loslassen. Genauso kann das Karussellpferd mit dir in die gedankliche Zukunft galoppieren – in der Regel voller Sorge und Pessimismus.
Allen Grübelgedanken gemein ist, dass sie dir keine neue Erkenntnis oder Lösung bringen.
Warum grübeln Menschen überhaupt?
Wenn Grübeln so viele Nachteile hat, wieso tun es dann fast alle Menschen ab und zu? Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Zum einen vermittelt Grübeln den Eindruck, sich mit einem Problem intensiv auseinanderzusetzen – das kann im ersten Moment zu Erleichterung und einem Gefühl von Kontrolle führen. Die unangenehmen Gefühle folgen meist erst später. Zudem merken es viele Menschen gar nicht, wenn sie ins Gedankenkarussell einsteigen – und haben sie erstmal Fahrt aufgenommen, wissen sie nicht, wie sie wieder aussteigen können. Und manchmal kann Grübeln auch als Symptom im Rahmen einer psychischen Erkrankung auftreten – dazu später mehr.
Welche Auswirkungen haben die Gedankenschleifen?
Eingangs hast du schon gelesen, dass Grübeln viel Energie kosten und für schlechte Stimmung sorgen kann. Doch das ist noch nicht alles. Intensives Grübeln kann auch eine Stressreaktion im Körper anfachen, was nicht nur zu verspannten Muskeln, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafproblemen, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit führen kann, sondern auf Dauer sogar das Immunsystem schwächen kann. Da meist auch negative Urteile über die eigene Person Bestandteil des Grübelns sind, leidet auf lange Sicht außerdem oft der Selbstwert. Weil Grübeln meist weder in einer Problemlösung noch in aktivem Handeln mündet, kann sich ein Gefühl der Hilflosigkeit einstellen.
Wie hängt Grübeln mit Depressionen zusammen?
Grübeln selbst ist keine Krankheit. Allerdings haben Menschen, die viel grübeln, ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen – insbesondere für Depressionen. Denn wenn du grübelst, drückt das auf deine Stimmung und deinen Antrieb – du fühlst dich niedergeschlagen und ziehst dich vielleicht zurück. Das kann wiederum dazu führen, dass du noch mehr grübelst, deine Gedanken noch negativer werden – und du dich umso trauriger und antriebsloser fühlst. Ein Teufelskreis entsteht, der in einer depressiven Episode münden kann.
Grübeln spielt nicht nur bei der Entstehung von Depressionen eine Rolle, es kann auch als Symptom einer Depression auftreten. Während einer depressiven Episode ist die Sicht auf die eigene Person, auf andere und auf die Welt in der Regel sehr negativ gefärbt. In diesem Zustand setzt sich das Gedankenkarussell besonders schnell und oft in Gang, was wiederum aufrechterhaltend auf die Depression wirkt.
Grübeln kann also sowohl dazu beitragen, dass eine Depression entsteht, als auch eine bestehende Depression weiter aufrechterhalten. Umgekehrt bedeutet das jedoch nicht, dass jeder Mensch, der sich ab und zu in Gedankenschleifen verheddert, zwangsläufig auch eine Depression entwickelt. An der Entstehung einer Depression sind immer mehrere Faktoren beteiligt.
Wie lässt sich das Gedankenkarussell stoppen?
Aber nun endlich zur guten Nachricht: Grübeln ist nichts anderes als eine Denkgewohnheit. Und Gewohnheiten halten sich zwar oft hartnäckig, doch es ist möglich, sie abzulegen. Nur wie?
Der allererste und zugleich wichtigste Schritt besteht darin, dich dabei zu ertappen, wenn du grübelst. Denn nur dann kannst du etwas dagegen unternehmen. Dazu kann es hilfreich sein, deine Gedanken einige Zeit lang gezielt unter die Lupe zu nehmen – um besser zu verstehen, wann, wo und worüber du für gewöhnlich grübelst. Anfangs wirst du es vielleicht erst hinterher bemerken, wenn du wieder im Gedankenkarussell unterwegs warst. Das ist vollkommen normal. Doch mit etwas Geduld wirst du es mit der Zeit immer früher wahrnehmen, wenn das Grübeln sich ankündigt.
Wenn du merkst, dass du länger in Gedanken bist, dann versuche bewusst innezuhalten und überprüfe: “Gibt es überhaupt eine Antwort auf die Fragen, die ich mir stelle?“ “ Bewege ich mich gerade in Richtung einer Lösung?” Lautet die Antwort “Nein”, kannst du im nächsten Schritt die Gedanken-Stopp-Technik anwenden. Dazu wählst du ein persönliches Stopp-Signal – beispielsweise in die Hände klatschen und dabei laut oder in Gedanken “Halt” rufen. Das mag sich erst einmal komisch anfühlen, hilft dir aber, das Grübeln für einen Moment zu unterbrechen. Um dann nicht gleich wieder weiterzugrübeln, braucht es dann noch eine gute Alternative. Irgendetwas, das deine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenkt. Du kannst zum Beispiel kurz aufstehen, einen Tee kochen, dich mit jemandem unterhalten oder ein Rätsel lösen.
Schleichen sich die Grübelgedanken immer wieder an, kann es zusätzlich hilfreich sein, dir eine feste “Grübel-Zeit” in deinen Tag einzuplanen. Suche dir dafür einen möglichst unbequemen Ort in deiner Wohnung, zum Beispiel eine Ecke auf dem Boden, oder einen Stuhl, auf dem du sonst nie sitzt. Wichtig ist, dass du den Ort nicht mit Entspannung verbindest. Stelle dann den Wecker auf 10 bis 15 Minuten. In dieser Zeit gestattest du es dir zu grübeln. Ist die Zeit abgelaufen, beendest du das Grübeln und wendest du dich direkt einer anderen Aktivität zu. Damit gibst du dem Grübeln den Takt vor, anstatt davon überwältigt zu werden.
Mehr zu diesen und weiteren Strategien kannst du übrigens in der MindDoc App lernen. Der Kurs “So stoppst du das Grübeln” begleitet dich ausführlich und Schritt für Schritt beim Ablegen der belastenden Denkgewohnheit.
Wann ist professionelle Unterstützung sinnvoll?
Die meisten Menschen verfallen ab und zu mal ins Grübeln. Wenn es jedoch von einem gelegentlichen Übel zu einer echten Belastung wird, dann zögere nicht, dir Hilfe zu suchen. Weil der Übergang meist schleichend ist, können dir folgende Punkte vielleicht eine Orientierung geben.
- Du grübelst regelmäßig und/oder in letzter Zeit deutlich häufiger als früher.
- Dein Grübeln belastet dich.
- Dein Grübeln schränkt dich im Alltag ein (zum Beispiel weil es dir schwer fällt, dich zu konzentrieren).
- Du fühlst dich öfters niedergeschlagen und/oder antriebslos.
- Dein Schlaf ist immer wieder durch nächtliches Grübeln beeinträchtigt.
- Du hast schon einige Strategien ausprobiert, um dein Grübeln zu stoppen, aber kommst alleine nicht weiter.
Falls du dich in einer oder mehreren der Aussagen wiedererkannt hast, ist es ratsam, dich an eine:n Psychotherapeut:in zu wenden.
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