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Wenn Angst zum Problem wird – Angststörung und Depression
Angst als ständiger Begleiter?
Ein Leben ohne Angst gibt es nicht. Sie warnt und schützt Sie vor Gefahren und ist daher überlebenswichtig. Angst zu haben ist also erstmal kein Grund zur Sorge. Erst wenn die Angst zum ständigen Begleiter wird, dich längerfristig stark belastet und einschränkt, handelt es sich eine Angststörung. Und davon gibt es verschiedene. In der Psychotherapie werden aktuell folgende fünf Angststörungen unterschieden:
Panikstörung
Bei einer Panikstörung werden wir quasi aus heiterem Himmel von starken Ängsten übermannt. Und das mehrmals im Monat. Wir erleben dabei verschiedene, sehr starke körperliche Symptome wie Schweißausbrüche, Herzrasen, Atemnot oder Schwindel.
Agoraphobie
Leiden wir unter einer Agoraphobie, haben wir Angst vor Menschenmengen, öffentlichen Plätzen oder vor dem Reisen. Das führt dann meist dazu, dass wir beginnen diese Situationen zu vermeiden und so deutliche Einschränkungen in unserem Leben erfahren.
Spezifische Phobie
Auch Ängste vor anderen Situationen wie z.B. bestimmten Tieren, Unwetter, Spritzen sind möglich. Beziehen sich die Ängste ausschließlich auf diese speziellen Dinge oder Situationen sprechen wir von einer spezifischen Phobie.
Soziale Phobie
Kommt die Angst ausschließlich in sozialen Situationen (z.B. das Sprechen vor einer Gruppe oder den Kontakt mit dem anderen Geschlecht) vor, in denen wir von anderen Menschen bewertet werden oder uns peinlich verhalten könnten, sprechen wir von einer sozialen Phobie.
Generalisierte Angststörung
Eine Sonderrolle unter den Angststörungen spielt die sogenannte generalisierte Angststörung. Die Ängste beziehen sich hier nicht auf spezielle Situationen und sind auf körperlicher Ebene weniger intensiv als bei den anderen Störungen. Stattdessen kommt es zu starken, unkontrollierbaren Sorgen über alltägliche Themen wie finanzielle Sicherheit, Gesundheit oder das Wohlergehen der Familie. Die generalisierte Angststörung ist oft schwer von einer Depression, bei der sorgenvolle Gedanken ebenfalls vorkommen, zu unterscheiden. Vermuten wir unter einer solchen Störung zu leiden, sollten wir das Vorliegen einer Depression daher sorgfältig ausschließen.
Was eine Depression von der Angststörung unterscheidet
Während bei Angststörungen Angstgefühle und körperliche Anspannung dominieren, wir jedoch auch mal gut drauf sein und Spaß an Dingen haben können, sind wir in depressiven Phasen niedergeschlagen, empfinden kaum Freude und können uns nur schwer aufraffen. Zusätzlich kommen Symptome wie Selbstzweifel, Schuldgefühle, schlechte Konzentration, Gedanken an den Tod und negative Gedanken an die Zukunft vor. Körperlich ist eine Veränderung von Schlaf und Appetit typisch.
Und jetzt wird´s kompliziert: Auch während depressiver Phasen können Ängste auftreten und Angststörungen können zu Depressionen führen.
Wenn Ängste und Depressionen sich überschneiden
Ängste sind auch im Lebensalltag vieler Menschen mit Depressionen ein wichtiges Thema. Während depressiver Phasen leiden viele Betroffene verstärkt unter Ängsten vor der Zukunft, Panikattacken, Angst vor Versagen oder Ablehnung. Auch alltägliche Ängste wie die Angst Einkaufen zu gehen oder U-Bahn zu fahren können vorkommen. Oft sind dies keine eigenständigen Angststörungen, sondern eher Folgen der Depression. Es ist daher wichtig, erstmal die Depression zu behandeln, dann nehmen auch die Ängste wieder ab.
In anderen Fällen ist es umgekehrt: Angststörungen können Depressionen nach sich ziehen. Dann treten Depressionen als Folge von Angststörungen auf. Zum Beispiel weil wir aufgrund der Angst Dinge, die uns wichtig sind, nicht mehr machen können, uns aus unserem sozialen Umfeld zurückziehen, nicht mehr verreisen, nicht mehr auf Konzerte gehen. Das schlägt früher oder später auf die Stimmung und löst im schlimmsten Fall eine Depression aus. Hier ist es wichtig, die Ursache, also die Angststörung zu behandeln. Können wir besser mit den Ängsten umgehen und unser Leben wieder aktiver gestalten, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Stimmung wieder besser.
Auch eine gemischte Störung, bei der Depressionen und Ängste zugleich auftreten und keine Störung vorrangig ist, gibt es. Dann mischen sich einige depressive Symptome wie beispielsweise Antriebslosigkeit, Selbstzweifel und Schlafstörungen mit Ängsten z.B. Panikgefühlen, Sorgen oder Ängsten im Kontakt mit anderen Menschen. Im Unterschied zu den anderen beiden Fällen, liegt dabei keine von beiden Störungen vollständig vor. Es sind jeweils nur einige Aspekte vorhanden, so dass weder von einer “Depression”, noch von einer “Angststörung” gesprochen werden kann. Stattdessen liegt dann eine Erkrankung mit dem Namen “Angst und depressive Störung gemischt” vor. Die Behandlung sollte sich auf beide Problembereiche beziehen.
Der eine liegt niedergeschlagen im Bett – die andere hat Angst vor Spinnen
Auch wenn Sie auf die Frage nach dem “Warum” im Bereich der psychischen Erkrankungen keine 100% eindeutigen Antworten bekommen werden, kann ein Blick hinter die Kulissen helfen, sich und die eigenen Schwierigkeiten besser verstehen und akzeptieren zu lernen. Jeder Mensch ist von Natur aus besonders verletzlich für bestimmte psychische Erkrankungen. Das ist ganz ähnlich wie bei körperlichen Erkrankungen. Auch hier werden manche Menschen häufig von Magen-Darm-Problemen geplagt, während andere regelmäßig unter Migräne leiden.
Beeinflusst wird diese Verletzlichkeit zunächst einmal durch unsere Gene. Leiden mehrere Familienmitglieder unter Depressionen, ist die Wahrscheinlichkeit, selbst eine solche Erkrankung zu bekommen, erhöht. Kommen Sie aus einer Familie, in der Angsterkrankungen häufig vertreten sind, werden Sie dagegen eher eine Angststörung entwickeln.
Verletzlich sind wir alle – aber auf verschiedene Arten und Weisen
Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist das Umfeld, in dem wir aufwachsen. Vermitteln uns unsere Eltern, dass die Welt um uns herum voller Gefahren ist und wir ständig auf der Hut sein müssen, entwickeln wir eher Ängste. Studien zeigen, dass wir uns Ängste sogar „abschauen“ können. Beobachten wir z.B. wie unsere Mutter Angst vor Hunden hat und diesen aus dem Weg geht, können wir selbst Angst vor Hunden entwickeln. Auch die Tendenz zu depressiven Gedanken und Verhaltensweisen kann durch unser Umfeld gefördert werden. Wir können beispielsweise den negativen Blick unserer Eltern auf uns und die Welt übernehmen oder von ihnen lernen, dass wir uns keinen Genuss gönnen dürfen.
Verletzlichkeit plus Belastung führt zur Erkrankung. Jeder von uns hat solche Verletzlichkeiten, mit denen er unter normalen Umständen gut umgehen kann. Kommen bestimmte äußere Faktoren wie anhaltender Stress, emotionale Belastungen oder sogar Traumata hinzu, können je nach Verletzlichkeit Symptome wie Ängste oder Depressionen entstehen.
Behandlung: Was wir gegen Ängste und Depressionen tun können
Wichtige Konsequenzen hat die Art der Störung für die Behandlung. Bei einer depressiven Störung ist eine Psychotherapie, in der Sie lernen, ein aktives Leben mit schönen und entspannenden Momenten aufzubauen, problematische Denkmuster hinterfragen und Sicherheit im Kontakt mit anderen Menschen gewinnen, hilfreich. Je nach Schwere der Depression kann auch eine medikamentöse Behandlung sinnvoll sein.
Dagegen werden Angststörungen in der Regel rein psychotherapeutisch behandelt. Typischerweise lernst du gemeinsam mit deinem Therapeuten, deine Ängste besser zu verstehen, Strategien im Umgang mit der Angst zu finden und angstbesetzte Situationen wieder aufzusuchen.
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