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Mythen und Fakten rund um die Frage: Wann ist eine Partnerschaft eigentlich gesund?

Bestenfalls kann eine Partnerschaft Nähe und Geborgenheit spenden und eine wertvolle Ressource sein. Doch ebenso können sich in einer Beziehung auch Muster einschleichen, die das psychische Wohlbefinden negativ beeinflussen. Von “toxischen Beziehungen” ist in diesem Zusammenhang immer häufiger die Rede, oder von “Red Flags“. In diesem Artikel nähern wir uns der Frage, was im Gegensatz dazu eine gesunde Partnerschaft ausmacht – und nehmen dabei einige gängige Mythen unter die Lupe.

Wann ist eine Partnerschaft eigentlich gesund?

Mythos 1: Liebe tut immer auch ein bisschen weh

 

Wohl kein anderes Gefühl hat so viele Bücher, Filme und Songs inspiriert wie die Liebe. Die Kunst widmet sich dabei besonders oft ihren schmerzhaften Aspekten: Drama, Eifersucht, Liebeskummer, Betrug… “Love Hurts” ist der Titel gleich mehrerer Songs und Alben. Bedeutet das nun im Umkehrschluss, dass es keine wahre Liebe sein kann, wenn es in einer Partnerschaft gänzlich undramatisch zugeht? Definitiv nein! Eine gesunde Partnerschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sich beide Personen in der Regel wohl und geborgen fühlen. Sie ist gekennzeichnet von emotionaler Sicherheit und Vertrauen. Für manche mag sich das fast ein wenig langweilig anfühlen – doch für die mentale Gesundheit ist ein bisschen Langeweile deutlich besser als ständiges Drama. Ähnlich wie du dich während eines gemütlichen Spaziergangs vermutlich ausgeglichener fühlst als während einer aufregenden Achterbahnfahrt.

Natürlich kann es auch in einer gesunden Partnerschaft hin und wieder mal Streit geben, genauso wie es völlig normal ist, es einander nicht immer recht zu machen. Überwiegen in einer Beziehung jedoch unangenehme Gefühle wie Ärger, Traurigkeit, Enttäuschung oder gar Angst, ist das ein Warnsignal, das du ernst nehmen solltest. Und was in einer Partnerschaft absolut gar nichts verloren hat, ist Gewalt. Das gilt nicht nur für körperliche, sondern auch für psychische Gewalt – beispielsweise in Form ständiger Abwertungen, Drohungen oder Manipulationen. Suche dir bitte unbedingt Hilfe, falls du Gewalt in deiner Partnerschaft erlebt hast oder dich um deine physische oder psychische Sicherheit sorgst. Kostenfreie und anonyme Beratung erhältst du hier:

 

Mythos 2: In einer gesunden Beziehung gibt es keine Konflikte

 

Das Wort Konflikt stammt aus dem Lateinischen und bedeutet “Zusammenstoß”. Und gerade in einer Partnerschaft sind gelegentliche Zusammenstöße vorprogrammiert. Denn wo zwei Menschen aufeinandertreffen, treffen auch verschiedene Interessen, Bedürfnisse, Vorstellungen und Meinungen aufeinander. Wenn sich diese (scheinbar) nicht miteinander vereinbaren lassen, steht ein Konflikt im Raum. Konflikte sind etwas völlig Normales, sie gehören zum Leben dazu. Und sie bergen wertvolle Chancen. Ein Konflikt kann zu besseren Entscheidungen führen und einer Beziehung zu Tiefe verhelfen. Doch weil ausgetragene Konflikte immer auch eine mehr oder weniger starke körperliche Stressreaktion in Gang setzen, sind sie bei den meisten Menschen nicht gerade beliebt. Die aktive Auseinandersetzung zu vermeiden, kann jedoch einen hohen Preis haben. Wer seine Wünsche und Bedürfnisse ständig zurückhält und sich in allem an den Partner oder die Partner:in anpasst, signalisiert sich: “Ich bin weniger wichtig”. Darunter kann neben der Zufriedenheit dann auch der Selbstwert leiden.

Es ist in einer Partnerschaft also nicht nur völlig normal Konflikte zu haben, sondern sogar hilfreich und wichtig, sie wahrzunehmen und konstruktiv anzugehen. Über die Beziehungsqualität sagt weniger die Häufigkeit von Konflikten etwas aus, als vielmehr die Art und Weise, wie sie ablaufen. Im Streit einen kühlen Kopf zu bewahren und fair zu bleiben, ist manchmal gar nicht so einfach. Doch es gibt einige Strategien, die du für einen hilfreichen Umgang mit Konflikten trainieren kannst – in der MindDoc App findest du dazu einen Kurs.

 

 

Mythos 3: Ist eine Beziehung glücklich, bleibt sie das auch

 

Angenommen du kaufst dir eine tolle Zimmerpflanze, vergisst dann aber sie regelmäßig zu gießen. Einige Zeit merkst du vielleicht gar nichts, doch irgendwann fallen die Blüten ab, die Blätter werden welk und ehe du dich versiehst, ist die Pflanze nicht mehr zu retten.

Wie eine Pflanze ist auch eine Beziehung etwas Lebendiges und braucht Pflege, um gesund zu bleiben. Was das konkret bedeutet? Zum Beispiel sich immer wieder bewusst Zeit füreinander zu nehmen. Die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche mitzuteilen. Einander zuzuhören. Konflikte zu erkennen und konstruktiv anzugehen. Kompromisse zu finden. Anteil zu nehmen. Einander zu unterstützen. Gemeinsame Aktivitäten zu planen. Positive Rituale und Routinen zu etablieren … Das klingt vielleicht nach ganz schön viel Aufwand. Doch nur mit Pflege und beidseitigem Engagement kann eine Beziehung gedeihen.

 

 

Mythos 4: In einer guten Partnerschaft fühlt man sich auch nach Jahren noch wie frisch verliebt

 

Herzklopfen, Kribbeln im Bauch, Appetitlosigkeit, schlaflose Nächte, Gedanken, die immer wieder um die andere Person kreisen… Verliebtsein kann wunderschön sein und ist gleichzeitig purer Stress für den Körper. Das Gehirn mixt dann nämlich einen starken Hormoncocktail zusammen. Neben dem Botenstoff Dopamin – häufig als Glückshormon bezeichnet – wird auch mehr von den Stresshormonen Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet, was den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Der Serotoninspiegel sinkt, was zu regelrechten Entzugserscheinungen führen kann, wenn die geliebte Person nicht in der Nähe ist. Manche Wissenschaftler:innen vergleichen Verliebtsein auf biochemischer Ebene mit einer Sucht- oder Zwangserkrankung.

Nun stell dir mal vor, dieser Ausnahmezustand würde nicht nur einige Monate andauern, sondern Jahre oder Jahrzehnte. Das wäre vor allem eines: Ganz schön anstrengend! Die Natur hat daher dafür gesorgt, dass die extreme Phase der Verliebtheit nur circa ein halbes bis ein Jahr anhält. Anschließend beruhigt sich das Nervensystem und Hormone wie Oxytocin stärken das Bindungsgefühl. Die Liebe, die sich nun einstellt, ist weniger laut und intensiv, eher leise und entspannt. Es ist also kein Grund zur Sorge, sondern sehr normal, wenn du in Gegenwart deiner Partnerin oder deines Partners nach einiger Zeit keine starken Schmetterlinge im Bauch mehr spürst.

 

 

Mythos 5: Mein:e Partner:in sollte meine Wünsche und Bedürfnisse erspüren und mich glücklich machen

 

Ein Gegenüber, das mir alle Wünsche von den Augen abliest und immer weiß, was ich gerade brauche – wer mit dieser Erwartung eine Partnerschaft eingeht, kann eigentlich nur enttäuscht werden. Denn jeder erwachsene Mensch ist in erster Linie selbst für sein Wohlbefinden verantwortlich. Diese Aufgabe kann und sollte kein:e andere:r übernehmen. Der Schlüssel zu einer zufriedenen Beziehung liegt also nicht in hellseherischen Fähigkeiten, sondern in Kommunikation. Wenn du dir in deiner Partnerschaft etwas (anders) wünschst, dann warte nicht darauf, dass dein Gegenüber es erahnt. Sprich es an! So gibst du deinem Partner oder deiner Partnerin die Chance, besser zu verstehen, was du möchtest und brauchst. Das setzt natürlich voraus, dass du dich selbst regelmäßig mit deinen Gefühlen und Bedürfnissen auseinandersetzt. Dabei kann dich wiederum die MindDoc App unterstützen.

 

 

Mythos 6: Je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto besser

 

Mehr gemeinsame Zeit = Mehr Liebe und Zufriedenheit? Ganz so einfach ist die Gleichung nicht. Ebenso wie es gesunde Fernbeziehungen gibt, gibt es auch Paare, die viel Zeit miteinander verbringen und dennoch unzufrieden sind. Klar können gemeinsame Stunden und Erlebnisse eine Bindung stärken, und gerade am Anfang einer Beziehung ist das wichtig. Auf lange Sicht ist die Qualität der gemeinsamen Zeit jedoch entscheidender als die Quantität. Sich bewusst aufeinander konzentrieren, einander zuhören, etwas gemeinsam genießen – all das kann gemeinsame Zeit zur echten Quality Time machen.

Wie viel Nähe und wie viel Distanz jemand in einer Partnerschaft braucht, ist außerdem sehr individuell. Etwas getrennt voneinander zu erleben und neben der Zeit als Paar auch Zeit in eigene Interessen, Hobbies und Freundschaften zu investieren, kann eine Beziehung frisch und lebendig halten. Wichtig ist, dass das Verhältnis aus Nähe und Distanz für beide Beteiligten passt. Wenn sich eine Person immer wieder rar macht, während die andere darunter leidet, ist das eine weniger gesunde Dynamik. Auch hier gilt: Sprecht darüber, was ihr braucht, hört einander zu, und versucht eine Lösung zu finden, mit der ihr euch beide langfristig wohl fühlt.

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